Die Website Out-of-Home Watch ist das Resultat des anderthalbjährigen Studiums von Reichweiten von Werbescreens in Zürich und dazugehöriger Literatur. Das Ziel war zu eruieren, ob die von der Werbeindustrie ausgewiesenen Reichweiten (vereinfacht gesagt: wie viele Menschen eine Werbefläche sehen) plausibel sind. Die Studie basiert auf Beobachtungen, eigenen Messungen, offiziellen Verkehrsdaten, Fachliteratur, kommerziellen Websites und Websites von Fachverbänden sowie Gesprächen mit Data Scientists und Vertreter:innen der Werbebranche.

Die kurze Antwort: Die ausgewiesenen Reichweiten der 21 Stichproben haben nichts mit der empirischen Wirklichkeit zu tun. Die Gründe sind vielschichtig: fehlende Wissenschaftlichkeit, Modellierungsfehler, fehlende Objektivität, kommerzielle Interessen der Involvierten und ungenügende Kontrollen.

Hintergrund

Hinter der Studie steht Christian Hänggi, Präsident der IG Plakat | Raum | Gesellschaft ↗ (IG PRG). Nachdem die IG PRG 2023 auf ausgewählten Werbescreens eine Kampagne geschaltet hat, deren Budget innert weniger Stunden erschöpft war, hat er festgestellt, dass die Reichweiten der Werbescreens viel zu hoch angegeben waren. Er hat dies der Firma Neo Advertising (heute Goldbach Neo OOH ↗) gemeldet. Erst nach mehreren Monaten wurden die Reichweiten korrigiert – nach oben.

Schliesslich hat Hänggi den Geschäftsführer des selbsternannten Forschungsinstituts Swiss Poster Research Plus AG ↗ (SRP+), Felix H. Mende, auf die Diskrepanz zwischen verkauften und gelieferten Reichweiten aufmerksam gemacht. Felix H. Mende wollte nicht einmal wissen, um welche Standorte es sich handelte. Stattdessen bezichtigte er Hänggi der Lüge und drohte:

Der guten Ordnung halber halte ich fest, dass sich SPR+ unrichtige, herabsetzende Äusserungen über ihre Leistungen, wie Ihre untenstehenden Angaben zu den ausgewiesenen Reichweiten, verbietet. Eine Verbreitung dieser unrichtigen Angaben würde einen strafbaren Verstoss gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb darstellen.

E-Mail von Felix H. Mende vom 04.09.2023

Sollten sich die auf dieser Website vorgebrachten Vorwürfe erhärten, dann bestünde selbstredend die Möglichkeit, dass SPR+ und die dort involvierten Vertreter:innnen der Werbebranche selber gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb (Art. 3b: unrichtige Angaben) ↗ verstossen.

Weitere Anfragen liess Felix H. Mende mit Bezugnahme auf Hänggis «Agenda» unbeantwortet. Hänggi hat diese Recherche unabhängig von seiner Arbeit für die IG Plakat | Raum | Gesellschaft durchgeführt.

Über den Initiator

Christian Hänggi hat Kommunikationswissenschaften studiert und erst in Medien und Kommunikation, anschliessend in Anglophoner Literatur- und Kulturwissenschaft promoviert. Als Texter und Berater hat er in einige Jahre in einer Agentur für Branding und Kommunikationsdesign gearbeitet und für das Branchenmagazin Persönlich gebloggt. Derzeit ist er Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Koordinator des Doktoratsprogramms Literaturwissenschaft an der Universität Basel.