Die Methodik des selbsternannten Forschungsinstituts Swiss Poster Research Plus AG ↗ (SPR+) geht zurück auf ein Arbeitspapier von 1994 von Martial Pasquier mit dem Titel «Critiques et perspectives méthodologiques des recherches sur l’efficacité de l’affichage publicitaire» ↗, welches wiederum auf ein Arbeitspapier von 1990 ↗ zurückgeht. Es folgten, gemeinsam mit dem Projektleiter für Plakat-Mediaforschung der APG, Jürg Sager, eine Übertragung mit dem Titel La mesure de l’efficacité du média affichage : une approche méthodologique ↗ (Editions universitaires Fribourg, 1995) und schliesslich die Übersetzung ins Deutsche: Plakatwirkungsforschung. Theoretische und praktische Ansätze ↗ (Universitätsverlag Freiburg Schweiz, 1997).
Seit 1994 ‒ damals lief noch Windows 3.1, Flachbildschirme existierten nicht und der Internetboom begann erst ein Jahr später ‒ wurde das Konzept da und dort ausgebaut, verfeinert und schliesslich monetarisiert, aber ohne grundlegenden Paradigmenwechsel.
Keine wesentlichen Publikationen zu Aussenwerbung
Seit 2003 ist Prof. Dr. Martial Pasquier ↗ ordentlicher Professor an der Universität Lausanne und seit 2006 Vorsitzender des Research Advisory Council von SPR+ ↗. Er ist der einzige Garant für Wissenschaftlichkeit bei SPR+. Allerdings hat er seit 1994 kaum etwas Neues zum Thema publiziert.
In den 1990er-Jahren publizierte er einige weitere Artikel, allerdings meistens in Marketing-Branchenzeitschriften, nicht in wissenschaftlichen oder referierten Zeitschriften. 2004 erschien ein Artikel zu GPS im Geomarketing ↗ (als drittgenannter Autor), 2005 ein Konferenzpaper ↗ zusammen mit SPR+-Geschäftsführer Felix H. Mende für eine Branchenkonferenz. 2009 erschien ein Paper ↗, bei dem er als vierter Autor, Felix H. Mende als sechster Autor zeichnet, doch dieses Paper führt Martial Pasquier nicht einmal auf seiner Universitäts-Publikationsliste auf. In jenem Paper wird umständlich erklärt, wie die zwei Drittel der Menschen, die die GPS-Studie frühzeitig abgebrochen haben, wieder hineingerechnet werden können (siehe auch hier).
Im Übrigen scheint SPR+ für Martial Pasquier nicht sehr wichtig zu sein. Seinen Vorsitz im Research Advisory Council erwähnt er nirgends, weder in seinem Uni-CV ↗ noch auf LinkedIn ↗ oder ResearchGate ↗. Es macht den Eindruck, dass Martial Pasquier vor allem dazu da ist, SPR+ eine Aura von Wissenschaftlichkeit zu verleihen.
Schweizer Plakatforschung im «OOH Standardwerk»: Ein Plagiat
2023 ist ein Buch erschienen, das Felix H. Mende als Standardwerk beschreibt:
P.S.: Hier noch das neue OOH Standardwerk, wo auch SPR+ ein Kapitel gewidmet ist: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38119-6 ↗
E-Mail von Felix H. Mende, 04.09.2023
Doch: Das betreffende Kapitel ist nicht SPR+ «gewidmet», wie Felix H. Mende schreibt. Es ist ein Copy-Paste-Machwerk, bei dem Felix H. Mende die ganze Homepage von SPR+ undeklariert kopiert und unter seinem Namen veröffentlicht hat. Dabei hat er für das «neue» Standardwerk von 2023 unverändert Passagen übernommen, die bereits 2006 auf der SPR+-Website zu finden waren. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, komplett unsachliche Passagen und Marketingslang zu entfernen. Out-of-Home Watch hat den Springer-Verlag wegen diesem Selbstplagiat kontaktiert. Da das Buch bereits gedruckt war, hat Springer nun bei der Online-Fassung hinter jeden einzelnen Abschnitt eine Quellenangabe mit Verweis auf die SPR+-Website gesetzt.
Der Grund für das Versagen der Qualitätskontrolle liegt vielleicht beim Herausgeber Kai-Marcus Thäsler. Thäsler war früher Geschäftsführer der deutschen Plakatgesellschaft Ströer und verdient seit 2014 sein Geld bei Posterscope Deutschland, einer Firma im Bereich Aussenwerbung.
Das Problem bleibt: Nur wenige Akteure, alle mit einer kommerziellen Agenda, verfolgen ihre Geschäftsinteressen, nennen das ständige Wiederkäuen von alten Erkenntnissen Wissenschaft, und niemand widerspricht oder kontrolliert irgendwas.