Das selbsternannte Forschungsinstitut Swiss Poster Research Plus AG ↗ (SPR+) hat eine «Wissensmatrix» mit 8 Billionen Datenfeldern. Sie soll die Wahrscheinlichkeit erfassen, mit welcher eine Person ein Strassensegment betritt. Und sie wird dazu verwendet, Werbetreibende zu blenden und Kritiker:innen abzuwimmeln:

Unser Mobilitätsmodell basiert auf einer Matrix mit rund 8 Billionen Feldern, ist hochgradig komplex und ist von hervorragenden Wissenschaftlern über Jahre entwickelt und weiterentwickelt worden. […] Entschuldigen Sie bitte, aber ich finde es etwas anmassend, dass Sie meinen, sie könnten das mal eben «selbständig berechnen».

E-Mail von Felix H. Mende, Geschäftsführer von SPR+, 04.09.2023

Acht Billionen – eine Wahnsinnszahl mit zwölf Nullen – und ein Instrument, mit dem sich diese Menge an Informationen einfach für die Mediaplanung nutzen lässt.

Portrait über Felix H. Mende in Marketing & Kommunikation, 9/16 (Quelle ↗)

Zur Veranschaulichung: In der einen Dimension sind alle fiktiven Bewohner:innen der Schweiz aufgeführt (rund 8 Millionen). In der anderen Dimension sind rund 1 Million Strassen- und Bahnhofssegmente in der Schweiz aufgeführt:

Sogenannte «Wissensmatrix» von SPR+ mit 8 000 000 000 000 Feldern (Quelle: Website von SPR+ ↗)

Mehr Informationen wollte Felix H. Mende nicht preisgeben. Der Grund? Die Matrix ist praktisch leer. Bei einer Datenbank von 8 Billionen Feldern benötigt alleine die Definition der Datenbankfelder rund 8 Terabyte («Datenmenge im einstelligen Terabyte Bereich»):

Grund für die Verzögerung ist die Performance bei Neuberechnungen des Datenmodells, welches als Dateninput eine Datenmenge im einstelligen Terabyte Bereich verwendet.

Medienmitteilung von SPR+, 09.12.2014 (Quelle ↗)

Anderthalb Jahre später waren es bereits 22 Terabytes (was nach Abzug des Overheads pro Feld immer noch weniger als 2 Byte Inhalt ist):

Für die Studie ist eine Datenmenge von 22 Terabytes zu verarbeiten […] Unsere Matrix umfasst rund 8 Billionen Felder. [A]lle Beteiligten haben die riesige Datenmenge und die Berechnungszeiten schlicht unterschätzt. 

Felix H. Mende in Horizont, 08.07.2016 (Quelle ↗)

Des Rätsels Lösung: Da niemand mehr als einige Strassenabschnitte pro Tag betritt, müssen die meisten der 1 Million horizontalen Segmente leer bleiben, d.h. ohne Inhalt oder mit Inhalt «0» (=1 Bit). Ein Zeit- und Datumsstempel (8 Byte) oder eine GPS-Koordinate (optimiert 8‒16 Bytes) würden 64 bis 128-mal so viel Daten enthalten.

Die 8 Billionen Datenfelder sind also eine viel zu umständlich konzipierte Datenbank, die vor allem leer ist, sich aber prima als Ablenkungsmanöver eignet. Das ist, wie wenn ein Hallenbad ein olympisches Becken anpreist, dieses aber nur mit einem halben Zentimeter Wasser befüllt und anschliessend die Kunden beschimpft, es sei anmassend zu glauben, dass sie die Wassermenge selber berechnen könnten.